Paul Bertemes (1953–2024)
Liebe Karin, liebe Familie, liebe Künstler, liebe Kunstfreunde und liebe Freunde von Paul Bertemes,
über Paul Bertemes sprechen fällt schwer und leicht. Schwer, weil er uns verlassen hat und wir Trauer spüren und leicht, weil er uns und der Luxemburger Kulturwelt so viel hinterlässt, das uns an ihn erinnern wird und das uns vor allem antreiben soll, sein Vermächtnis weiterzuführen.
Paul Bertemes ist – nicht nur – der Sohn von Roger Bertemes, doch das Werk und Schaffen des Vaters hat ihn von klein auf geprägt und nie losgelassen. In einem Interview, das ich mit ihm geführt habe, beschrieb er bildlich, wie die Bertemes-Kinder quasi wie Obelix in eine Potion magique gefallen seien, die den Duft von Ölfarbe und Maleratelier hatte. Damit war der Weg vorgezeichnet. Der Weg, der Kunst war.
Paul Bertemes wurde jedoch nicht Künstler. Er wurde der Vermittler des Künstlers, der Botschafter der Kunst, der unermüdliche Unterstützer des Kunstschaffens, der engagierte Übersetzer der Kunstwelt, der akribische Spurensucher und Wahrer dessen, was an Kunst geschaffen wurde in Luxemburg und in der Großregion – auch schon vor 1995.
Als Journalist schrieb er über die vielfältige Welt und Kunstwelt, interpretierte sie, kritisierte sie, wenn nötig, suchte nach Fakten und unterhielt sich mit den Menschen, die darin lebten und arbeiteten. Dieses journalistische Handwerk hat er in seine spätere Aufgabe als Galerist, Kurator und Publizist integriert. Sicher ist ihm der Satz seines Vaters immer behilflich gewesen: „Wanns de et méchs, maach et uerdentlech!“
Aus heutiger Sicht hat er den Wunsch des Vaters mehr als erfüllt. Er machte es mehr als „uerdentlech“, war passioniert und engagiert, ließ nie locker, wenn er sich auf den Weg begab, die Kunstwelt zu dokumentieren und zu thematisieren. Das geschah mit der Kunst-Agentur und Galerie mediArt, die er 2004 zusammen mit Jean Colling gründete und die ein wichtiger Ort wurde mitten im Herzen der Groussgaass … hier enstand ein Ort, der Kunst zeigt, Kunst diskutiert und vermittelt mit Events, Ausstellungen, Büchern. Und die Künstler irgendwie auch „archiviert“, denn sie zeigt eine Idee dessen, was Paul Bertemes mit Nachdruck antrieb: die Werke der Kunstschaffenden vom Zweiten Weltkrieg bis heute zugänglich zu machen, sie damit in der öffentlichen Erinnerung zu behalten und den Nachlass zu regeln, so wie er es sich für das Werk seines Vaters Roger vorgenommen hatte. Immer wieder war er aktiv bei der Organisation von Ausstellungen, der Publikation von Büchern und der Zusammenarbeit mit anderen Kulturvereinen und Kunsthäusern. Es ging ihm auch darum die Vertreter der klassischen Kunstmedien – wie Malerei und Skulptur – in der zeitgenössischen Kunst zu unterstützen und in einem wichtigen Dialog zu behalten, ihnen immer wieder Möglichkeiten zu verschaffen ihre Werke zu zeigen, sich zu zeigen. Er ließ sich auch nicht entmutigen, wenn eines seiner Projekte sich finanziell nicht trug, er suchte dann nach einer neuen Idee.
Er trieb auch andere gerne an, verlangte, dass es Fortgang gebe in der Frage „Wo wollen wir hin?“ und nicht alles in endlosen administrativen Diskussionen oder institutionellen Arbeitsgruppen stecken bleibe. So warnte er bei den Kulturassissen 2016 vor einem Wasserkopf und meinte „Zu wenig Staat ist besser als zu viel Staat“.
Er fragte früh nach einer Nationalgalerie. Er forderte immer wieder die Gründung eines Konschtarchivs und eines Künstlerlexikons. Dass beides jetzt in Arbeit ist beim Nationalen Geschichts- und Kunstmuseum, ist sicher auch der Hartnäckigkeit und Eloquenz des Paul Bertemes zu verdanken.
Stichwort Eloquenz – mit Paul Bertemes reden, hieß auch Zeit haben, um ihm zuzuhören und mit ihm zu diskutieren. Es war nie mit ein paar Wörtern getan – manchmal war auch ein gutes Essen dabei. Trotz seines Engagements oder seiner Ungeduld, wenn es nicht weiterging – wirkte er ruhig, wählte mit Bedacht seine Worte, argumentierte, erklärte und hörte zu. Er konnte sehr verbohrt sein, wenn er etwas erreichen wollte, blieb aber immer freundlich und respektvoll. Und er war überzeugend, da er als guter Journalist sich auf Fakten bezog. Zweimal habe ich das erlebt: einmal als er mich fragte einen Beitrag zu der Buch-Serie „Visites d’ateliers“ beizusteuern – ich war bei Patricia Lippert – und ein zweites Mal als er um eine persönliche Reflexion bat bei der Vernissage der mediArt-Ausstellung „A visage découvert“ 2016. Bei der Vorbereitung für heute, habe ich diese noch einmal durchgelesen und möchte mich im Nachhinein noch einmal bei Paul Bertemes bedanken für die Gelegenheit, die er mir damals gab.
Danke Paul Bertemes auch für die Interviews, die wir führten, für die Gespräche vor allem bei der ART WEEK – ich werde dich beim Rundgang sicher vermissen.
Wir werden dich alle vermissen – aber nicht vergessen.
Und wir sollten genau das machen, was du uns vorgemacht hast: so wie du das Werk deines Vaters weiterleben lässt, sollten wir dein Werk – die leidenschaftliche und engagierte Kunstvermittlung – weiterleben lassen. Für dich, für die Kunst, für die Künstler und für uns alle.
Äddi Paul a Merci …
Christiane Kremer
28/10/2024